Junophor-Werkstoffkunde: Vulkanfiber

erstellt am: 21.08.2012 | von: junophor | Kategorie(n): Allgemein

Werthe Gäste im Dampfkraftlabore, hoch geschätzte Kollegen der Konstrukteurs-Zunft

 

Bei einer meiner Zeitreisen (noch mit einem Vorgängermodell des Junophor-Aethernauten) weilte ich justament gerade zu dem Zeitpunkte in Paris, als ein britischer Fabrikant namens Thomas Taylor mit einem seltsam anmutenden  Musterköfferchen auf dem Wege zum Institute-Expérimental  der École Polytechnique war. Da auch ich meine Schritte „zufällig“ dorthin lenkte, kamen wir rasch ins Gespräch und kurz darauf  hielt ich zu meinem Erstaunen einen kleinen Flanschring eines völlig neuen, künstlich erzeugten Werkstoffes mit dem klangvollen Namen „Vulkanfiber“ in Händen.

 

Vielleicht haben Sie sich schon wiederholt bei dem Betrachten der vorgestellten Arbeiten aus dem Dampfkraftlabore gefragt, um was für einen sagenhaften Stoff es sich eigentlich handelt wenn von eben jenem „Vulkanfiber“ die Rede ist. Nun denke ich, dass es jetzt an der Zeit sei, einmal dieses wunderbare Material vorzustellen und damit die vielen Fragen erschöpfend zu beantworten.

 Vulkanfiber“- so lässt sich in der Literatur finden-, ist neben Celluloid, Ebonid und Galalith  einer der ersten künstlich erzeugten Werkstoffe überhaupt. Anno 1855 gelang es erstmalig diesen Stoff in der Retorte zu kreieren indem Zellstofffasern mittels Zinkchlorid kunstvoll traktiert wurden.

Der neu entstandene Werkstoff weist eine derartige Fülle verblüffender Eigenschaften auf, dass er aus unserem modernen Leben einfach nicht mehr wegzudenken ist; ja ich wage sogar zu behaupten, dass Vulkanfiber-Teile auch noch den folgenden Jahrhunderten unverzichtbar sind!

 Doch nun zurück zu dem Berichte:

Jüngst gelang es eben jenem Herrn Thomas Taylor, nun seit 1859 diese „Hydratzellulose“ in seinem Werke auch in großem Stile herzustellen.

Hierbei werden Zellstoff- und gar Baumwollfasern in großen Bahnen durch eine Zinkchlorid Lösung geführt oder auch in purer Schwefelsäure gekocht und hernach durch riesige Pressen unter gewaltiger Kraft verbunden. Dabei tritt das flüssige Pergamentiermittel wieder aus und im Falle der heute eingesetzten Schwefelsäure, verbleibt auch nicht ein Jota in dem Werkstoffe zurück. Trotzdem hat sich das feste Material derart verbunden, dass es am ehesten mit dem  bekannten Horn vergleichbar ist. Doch im Gegensatz zu dem Horn-Material weist „Vulkanfiber“ vollkommen andere Eigenheiten auf. Betrachten wir daher das Zusammenspiel mit den Elementen:

 So verhält „Vulkanfiber“  sich dem elektrischen Strome gegenüber vollkommen unbeteiligt, es isoliert also.

Im Wasser nimmt „Vulkanfiber“  rasch an Dicke zu, es quillt und dichtet dadurch Rohrverbindungen ab.

In nassem Zustande ist „Vulkanfiber“ beliebig formbar und schrumpft beim Trocknen in alle Richtungen vollkommen gleichmäßig.

Chemische Substanzen, wie Öle Fette und Benzine lassen „Vulkanfiber“ unbeeindruckt.

Dem Feuer ist „Vulkanfiber“derart abhold, dass es nur äußerst mühsam zum Brande gebracht werden kann und nach dem Entfernen der offenen Flamme rasch wieder erlischt.

 

Weitere Eigenschaften können Sie auch hier nachlesen.

 

Es ist elastisch, färbbar und formstabil. Daher werden daraus auch bevorzugt Reisekoffer jeder Art gefertigt.

Die wichtigste aller Eigenschaften, welche bislang wohlweislich nicht genannt wurde soll aber zum Schlusse doch Erwähnung finden:

 

Vulkanfiberist zeitreisefest!!

 

Und nun kommt das Interessanteste für die hoch geschätzten Konstrukteurs-Kollegen. Wie wir uns seit langem bei der Verwendung in den Junophor Werken überzeugen konnten, gilt für die Bearbeitung dies:

 

Will man dem „Vulkanfiber“ mit scharfem Werkzeuge zu Leibe rücken und es mechanisch durch Stanzen, Feilen, Bohren, Raspeln, Sägen, Hobeln oder Fräsen und auch auf der Drehbank in eine neue Form bringen, so gelingt dieses mühelos und auf das Beste, und vor allem ohne Absplitterungen oder Einrisse wie man es von diversen Hölzern etwa der Eiche schmerzlich in doppeltem Sinne kennt. Auch lässt sich allein schon durch das Einschrauben einer Metallschraube in das passend vorgebohrte Loch ein Gegengewinde schneiden.

 

 

Selbstverständlich gibt es auch schon Gewindestangen aus „Vulkanfiber“ ohne die der moderne Transformatorenbau überhaupt undenkbar wäre.

Mit einer fein gezähnten Feile lässt sich jede Kante etwa spiegelblank glätten. Auch mit einer scharfen Messerklinge ist die Bearbeitung vortrefflich möglich.

Einen Farbanstrich auf Leinölbasis nimmt der Werkstoff besonders gerne, wenn auch verhalten an, lohnt die Mühe aber hernach mit matt samtenen Glanze. Mittels PU-Kleber oder Holzleim lassen sich treffliche Verbindungen herstellen.

 Große Bedeutung kommt diesem Stoffe bei der Verwendung von elektrischer Spannung  führenden Theilen zu, da „Vulkanfiber“ aufgrund seines sehr hohen elektrischen Widerstandes sich ideal für diese Arbeiten empfiehlt. Gleiches gilt ebenfalls  für den  Hochspannungs-Bereich, natürlich unter weiterer Beachtung der übrigen technischen Regeln.

 

Es grüßt aus der Mechanik-Werkabtheilung

Ihr Aeon Junophor